Grußwort des Pfarrers

20060903_7Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle.  (Monatsspruch Juni 2023 – 1. Mose 27, 28)

Liebe Gemeinde, liebe Leser,

wir sind es ja gewohnt, im Supermarkt alles in Hülle und Fülle kaufen zu können. Und da die meisten Menschen in einer Großstadt nicht über einen Garten verfügen – schon gar nicht einen, in dem man Gemüse anbauen könnte – bleibt oft nur das Erntedankfest übrig, um daran zu erinnern, dass auch die Produkte im Supermarkt nicht ohne himmlischen Beistand gewachsen sind. Im Grunde hat sich nichts verändert: So wie vor tausenden von Jahren das 1. Mosebuch davon berichtet, dass Gott der Erde und uns Menschen Korn und Wein in Fülle schenkt, so ist es auch noch heute.

Beschämend ist allerdings, dass dieser Reichtum nicht so verteilt wird, dass alle satt werden, sondern immer noch Menschen dürsten und hungern müssen. Machen wir uns nichts vor, dass so viele Menschen in den ärmeren Ländern dieser Welt ihre Heimat verlassen und nach Europa und nach Deutschland wollen, ist auch dem Sachverhalt geschuldet, dass es bei uns noch fast alles in „Hülle und Fülle“ gibt. Auf Dauer lässt sich ungerechte Verteilung nicht ohne Aufstand, Abwanderung und generell soziale wie politische Konflikte lösen.

Unser Wort aus dem 1. Buch Mose steht im Zusammenhang mit dem Betrug Jakobs, der Esau vor seinem Vater Isaak um den Erstgeburtssegen bringt. Auch da scheint sich ja nichts geändert zu haben: Nach wie vor geht es – gerade auch unter vielen Völkern und Staaten – um die eigenen Vorteile. Dabei wird betrogen, gelogen und auch getötet. Im Sinne Gottes ist das nicht. Wer sich beim Betrug und eigener Vorteilnahme im Kleinen wie im Großen auf Gott beruft oder dafür gar seinen Segen haben möchte, spottet Seinem Namen.

Die Zusage Isaaks an Jakob, Gott solle ihm Tau vom Himmel und vom Fett der Erde und Korn und Wein in Fülle geben, schließt – bei aller Sündhaftigkeit – die Verantwortung für die mit ein, denen nicht so viel gegeben ist.

Uns wird unser Reichtum wohl auch nur zum Segen werden, wenn wir unsere Verantwortung nicht nur zum Teilen, sondern auch für das Mitwirken an einer gerechteren Verteilung der Güter für das tägliche Leben wahrnehmen.

Die Fülle war ja auch uns nur geschenkt!

Einen schönen Sommer und ein gutes Glas Wein wünscht

Ihr/euer Pfarrer Frank-Christian Schmitt